Google hat in den letzten Jahren die Suche mehr und mehr zu einer Antwortmaschine entwickelt. Dabei steht das Erkennen von Nutzerintentionen im Mittelpunkt. Darauf setzt eine neue Technologie auf: MUM. Diese verändert die Suche erneut in wesentlichen Aspekten. Für Sie bedeutet dies fundamentale Veränderungen bei der Suchmaschinenoptimierung Ihrer Webseite. Sind Sie auf diese Entwicklung vorbereitet?

Was ist MUM?

Die Abkürzung MUM steht für Multimodal Unified Model. Dahinter verbirgt sich eine sehr komplexe Intelligenz, die Informationen aus verschiedenen Medien indexiert, zu einer Einheit verbindet und bei Suchanfragen durch passende Teilinformationen ausgibt. Diese Technologie verbessert das bisherige Verständnis der Sprache und der Semantik der künstlichen Intelligenz, die hinter der Google-Suche steht. MUM ist der nächste Schritt. Google hat diesen Ansatz im Rahmen der diesjährigen Search-On-Veranstaltung vorgestellt.

Das Unternehmen nutzte das Beispiel eines Löwen. Demnach indexiert Google nicht nur allein einen Beschreibungstext, ein Foto des Raubtiers und ein Soundfile des Brüllens. Durch MUM ist der Algorithmus in der Lage, alle drei multimedialen Teile zu einer Einheit zu kombinieren und zugleich von ähnlichen Themen wie zum Beispiel Hauskatzen abzugrenzen. Das klingt zunächst nicht neu, ist aber eine kleine Revolution.

Dieses neue multimediale Verständnis von Medieninhalten ändert zukünftig sowohl die Präsentation der Suchergebnisse als auch die Art zu suchen drastisch.
YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die neue holistische und visuelle Antwortmaschine

Warum ist das so bahnbrechend? Hinter MUM steht ein völlig neues Konzept des neuralen Verständnisses von Inhalten und damit ein neues Konzept von Indexieren, Verstehen und Beantworten. Der starke Bezug zu Bildern, Videos und Soundfiles geht den Weg der Entitäten und der Nutzerintention konsequent weiter. Nun kommt das multimediale Verständnis hinzu.

Offizielles Google-Bild: Ein Bergsteiger gibt an, den Mount Adams erklommen zu sein, und fragt, wie sich die Vorbereitung auf das Besteigen des Mount Fuji davon unterscheidet. Google liefert die visualisierte Antwort.

Konkret kann Google mit MUM Fragen beantworten, für die es eigentlich keine oder nur schwer direkten Antworten gibt. Einige Beispiel verdeutlichen die Ansätze.

Mit der App Google Lens können Nutzer über die Kamera des Smartphones Detailaufnahmen von Dingen machen. So ist es zum Beispiel möglich, ein Muster auf einem T-Shirt zu „scannen“ und nach zum Beispiel Jacken mit diesem Muster zu suchen. Google erkennt das Muster und ordnet der Frage direkt Antworten und die passenden Online-Shops oder lokalen Ladengeschäften zu, die solche Produkte im Sortiment haben.

Ebenfalls möglich ist es, Detailaufnahmen von zum Beispiel einer kaputten Fahrradkette zu machen und nach Reparatur zu suchen. Google erkennt die Kette und liefert Antworten, wie Sie beim Flicken vorgehen sollten. Dabei werden sogar Direktlinks zur Antwortsequenz innerhalb von Videos eingeblendet.

Offizielles Google-Bild: Ein Scan der Kette mit der App Lens bringt Anleitungen zur Reparatur.

Durch diese Kombination von Suchanfragen mit Bildern erkennt Google eine Beziehung und antwortet mit relevanten multimedialen Informationen. Das geht weit über die Möglichkeiten mit Google Lens hinaus.

Die Neuerungen im Überblick

Schon jetzt hat Google einige Neuerungen ausgerollt. Dabei handelt es sich um drei neue Features:

  1. things to know („was man wissen sollte“),
  2. refine or broaden („verfeinern oder verbreitern“),
  3. more visual inspiration („mehr visuelle Inspirationen“).

Aus einem holistischen Verständnis von Themen ist Google in der Lage, mit diesen drei Schritten das Sucherlebnis zu verändern. Nach und nach werden diese Dinge deutlich hervortreten und das Bild der neuen Suche bestimmen. Schon jetzt zeigen sich die drei Teilbereiche in den Suchergebnissen.

Die Neuerung „things to know“

„Things to know“ ist eine neue Knowledge Bar, die auf Desktops vorrangig rechts neben der Suche ausgespielt wird. Sie enthält eine Mischung aus wichtigen Informationen zur Suchanfrage sowie Antworten auf typische Fragen, die andere Nutzer stellten. Aus diesen Komponenten generiert Google einen neuen Infokasten mit Zusatzinformationen.

Zusätzlich erscheinen immer häufiger weiterführende Details in der Knowledge Bar. Wer zum Beispiel nach „Mountainbiking“ sucht, erhält dort neben passenden Suchantworten eine Infobox zur nicht gestellten Frage „Was ist ein Mountainbike“.

Google Suche für Mountainbiking in Las Vegas
Die neue Suche in den USA. Auf den sehr breiten Suchbegriff „Mountainbiking“ zeigt Google für den Standort Las Vegas lokale Strecken und Verleihe. In der Mitte einige Fragen und Top-Infos. Interessant ist die Infoleiste. Oben erscheint eine Definition für „Mountainbike“, also nur das Fahrrad. Darunter zwei ausklappbare Elemente über „Gewicht“ des Fahrrads und „Tipps“. Darunter sogar „Games“, „Filme“ und visualisierte „ähnliche Suchbegriffe“. Erst ganz unten kommt ein Button für die erweiterte Suche nach „Mountain Biking als Sport“. Durch viele Bildelemente bekommen Nutzer so mehr Möglichkeiten, Antworten für die offene Suchanfrage zu erhalten, ohne Text einzutippen.

Der neue Infokasten soll Nutzern einen Mehrwert zum Thema bieten und auf wichtige Details hinweisen. Diese sind den Suchenden mit ihrer Frage vielleicht noch gar nicht bewusst gesucht, aber für das Thema wichtig.

Die Neuerung „refine or broaden“

Einer Reihe von Suchanfragen sind sehr breit gestellt, sodass sie nicht immer eindeutig sind. Mit MUM führt Google eine vorrangig optische Möglichkeit ein, Suchen innerhalb des Ergebnisses zu verfeinern oder zu verbreitern. Das ist derzeit insbesondere bei der Bildersuche zu beobachten.

Google Suche nach Olaf Scholz
Bei der Suche nach „Olaf Scholz“ blendet Google über den Bildern viele Schlagwörter mit Bilder-Icons ein. Ein Klick darauf verändert die Suchergebnisse.

Wer zum Beispiel nach dem möglichen neuen Kanzler mit „Olaf Scholz“ sucht, erhält über den Ergebnissen Zusatzbegriffe eingeblendet. Ein Klick darauf filtert alle Fotos so, dass nur noch die relevanten Bilder zu sehen sind oder weitere Themen hinzukommen.

Google Suche nach der Frau von Olaf Scholz
Nachdem die Suche nach „Olaf Scholz“ mit Klick auf „Britta Ernst“ verfeinern ist, zeigen alle Fotos Scholz mit seiner Partnerin.

Die neue Technologie bietet also einen optischen Reiz, die Suchergebnisse komfortabel anzupassen. Bisher ist dieser insbesondere bei Bildern und Videos zu finden, wird aber vermutlich auch auf die Textsuche ausgedehnt.

Offizielles Google-Bild: So sieht das Verfeinern und Verbreitern auf dem Smartphone aus.

Die Neuerung „more visual inspiration“

Die dritte Neuerung besteht in einer deutlich stärker multimedialen Präsentation der Suchergebnisse. Es beginnt bei Twitter-Nachrichten, reicht über mehr Fotos und Bildhinweise auf ähnliche Produkte bis hin zu Videos mit Schlüsselmomenten. Diese Ergebnisse sind teilweise kombiniert mit den anderen Neuerungen.

Speziell bei Videos ist die Stärke von MUM bereits erkennbar. Bei der Suche nach speziellen Dingen blendet Google nicht nur ein Video als solches ein. Herausgehobene Clips erhalten auch eine Auflistung von Schlüsselmomenten. Mehr noch: Auf konkrete Fragen blendet Google teilweise bereits Videos besonders prominent ein und kennzeichnet optisch den Videoteil, der die Antwort auf die Frage enthält.

In den USA bereits zu sehen: Bei der Suche nach Hilfe, wie ein gebrochener Vogelflügel zu behandeln ist, kommt nicht nur ein prominent eingeblendetes Video auf dem ersten Platz, sondern dazu sowohl eine Textpassage als auch die genaue Zeitangabe für die Antwortsequenz.

Neuerungen: Hilfe und Umsatzmaschine

Im Ergebnis führt die neue Technologie mit den damit verbundenen Änderungen des Layouts der Suchergebnisse zu zwei Effekten:

  1. Die Nutzer erhalten mehr visuelle Ergebnisse und Klickmöglichkeiten. Dadurch können sie schneller erfassen, welche Ergebnisse relevant sind. Durch Zusatzinfos, Filteroptionen und mehr Bilder hangeln sich die Nutzer ohne Eintippen weiterer Suchphrasen durch die Ergebnisse und können diese besser für sich optimieren. Alternativ können Sie mit Lens und ggf. später auch ohne App ohne Texteingabe suchen. Allerdings drücken viele neue Features die organischen Treffer nach unten.
  2. Durch die neuen Bestandteile der Ergebnisse bleiben Nutzer länger bei der Suche. Sie rufen mehr Einzelseiten auf, bevor sie – nicht immer – eine Webseite aus den Ergebnissen ansteuern. Hier zeigt sich, dass der Nutzen auch bei Google liegt: Mehr Aufrufe bedeuten mehr Anzeigenplätze und mehr Umsatzpotenzial.

MUM bedeutet eine kleine Revolution, die sich erst in Details richtig zeigt. Durch die stärkere Ausrichtung an multimedialen Inhalten und leichter erfassbaren Informationen bieten sich dank der hinter der Suche steckenden Technologie bahnbrechende Möglichkeiten. Google kann Fragen noch besser verstehen, Informationen noch gezielter (auch sprachübergreifend) verknüpfen und noch passendere Antworten geben.

Warum ist das für Sie wichtig?

Das klingt vielleicht alles zunächst gar nicht so „dramatisch“. Aber als Webseitenbetreiber sollten Sie sich auf diese Änderungen durch MUM wirklich einstellen.

Zum einen verdrängen die Features die organischen Treffer noch weiter nach unten. Es wird also schwerer, Traffic über ein gutes Ranking zu erzielen. Um dem gegenzusteuern, sind Top-Platzierungen noch wichtiger. Der Anteil an Klicks bei Einblendungen auf den hinteren Positionen wird vermutlich deutlich sinken.

Zum anderen bieten sich Ihnen mehr Möglichkeiten, zusätzlichen Traffic zu erzielen. Allerdings müssen Sie dafür Ihre Seiten für die neuen Infoboxen und Features optimieren. Das betrifft nicht zuletzt Shops und lokale Läden.

Die Suchergebnisse in den USA für Las Vegas sind neu gestaltet. Nach zwei organischen Treffern kommen im oberen Bereich „Twitter-Meldungen“ und „Top Stories“. Rechts in der Infobox gibt es Infos zur Stadt, dann aber Hinweise für Touristen (grün), aktuelle Infos inkl. Benzinpreis (blau) und dann ein Kasten über Bildungsstandorte und weitere Suchvorschläge. Der Platz für organische Treffer sowie die Chance auf Klicks schwinden.

Um der neuen Art des Suchens und Findens gerecht werden zu können, ist eine kontinuierliche Optimierung der eigenen Inhalte und eine noch stärker an der Nutzer- und Suchintention ausgerichteten Präsentation wichtiger denn je. Es gilt, nicht den Anschluss an Googles Entwicklung zu einer holistischen Antwortmaschine zu verlieren.

Praxistipps für Ihre SEO-Maßnahmen

Was können Sie nun machen, um die durch MUM hervorgerufenen Veränderungen für sich zu nutzten?

  • Schaffen Sie mehr multimediale Inhalte. Durch neue Videos, Fotos und Grafiken beantworten Sie nicht nur Fragen besser, sondern bieten Google zusätzliche Wege, Ihre Angebote zu verstehen. Ohne Foto kann Google zum Beispiel nicht wissen, dass Sie Kleidung mit einem gesuchten Muster anbieten.
  • Nutzen Sie Zusatzinformationen für multimediale Inhalte. Wenn Sie Suchmaschinenoptimierung für Ihre Bildern betreiben oder einen zusammengefassten Text für Videokapitel und Podcasts veröffentlichen, versteht Google die Inhalte besser.
  • Nutzen Sie strukturierte Daten. Durch Microformate nach schema.org oder vergleichbaren Systematiken können Sie die Art Ihres Contents sowie relevante Details kennzeichnen und besser erklären.
  • Strukturieren Sie Ihre Texte besser. Nutzen Sie Zwischenüberschriften, Listen, Tabellen, Zitate und ähnliche Formate, um Ihre Informationen für Menschen und Maschinen lesbarer zu machen.
  • Bieten Sie mehr Informationstiefe. Zukünftig wird es noch mehr darauf ankommen, nicht nur einen oberflächlichen Content anzubieten, sondern tiefgründig Fragen und damit Nutzerintentionen zu beantworten. So haben Sie mehr Chancen, in Ihren Inhalt in den Things-to-know-Boxen zu platzieren.
  • Beantworten Sie häufige Fragen. Wie bereits schon jetzt sollten Sie immer wieder prüfen, ob Ihre Webseite bei wichtigen Themen wirklich Antworten auf häufige Fragen gibt. Gleichen Sie dabei den Inhalt mit den erweiterten Suchtipps von Google ab: verwandte Suchen, ähnliche Fragen usw. Prüfen Sie auch die Verfeinern-verbreitern-Hinweise bei bestimmten Suchen. Auch dort können sich Ansatzpunkte für Fragen verstecken.

Je besser Sie den Content Ihrer Webseite aufbereiten, desto besser kann Google diesen für die neuen Elemente nutzen. Je besser Sie Ihre Produkte, Leistungen, Informationen präsentieren und erklären, desto besser wird die Suchmaschine diese erfassen, verstehen und für den Algorithmus nutzen. Das alles ist kein alleiniger Garant für mehr Erfolg. Aber es ist die beste Grundlage, Ihre Webseite weiterhin konkurrenzfähig zu halten.